Tee

Nachdem mir meine Schwester heute früh aktuelle Fotos mit Schnee in ihrem Garten geschickt hat, muss ich noch schnell etwas zum Wetter hier anmerken: Morgens so etwa 14 Grad und tagsüber bis 24 Grad Celsius, meist trocken – einfach schön!

Weniger schön war die Erdbebenserie auf Kyushu. Wir haben hier in Tokyo nichts vom Beben gespürt, denn es war einfach zu weit weg. Dafür war es in Kumamoto und den benachbarten Bezirken schon heftig, vor allem weil ja über eine Woche lang immer wieder schwere Erdbeben auftraten, so dass die Menschen sich nicht trauten, in ihre Häuser zurückzukehren. Sicher, verglichen mit Ecuador gab es wenig Tote, aber nun sind so viele Menschen obdachlos – sie alle zu versorgen, ist momentan eine große Herausforderung.

Mein Ausflug nach Ikeda bei Osaka und meine Teilnahme an diesen Sonderübungen bei Meisterin Ogisu verstärkte meinen Wunsch, wieder regelmäßig Teezeremonie zu üben. Mit Hilfe meiner Sekretärin baute ich den Kontakt zu der vom Haupthaus empfohlenen Teelehrerin auf. Am letzten Samstag hatte ich meine erste Übungsstunde – es tat sehr gut, endlich! Ich denke, ich kann noch vieles bei ihr lernen und bin froh regelmäßig zur Übung gehen zu können. Da fällt mir ein, dass ich immer noch kein Bild von meinem dritten Gästezimmer eingestellt habe, dass ich ja auch als Teezimmer nutzen kann. Nicht ideal, weil  das Zimmer leider zu schmal ist, um wirklich 4,5 Tatami im Kyoma-Maß (Kyoto-Maß mit 90 cm x 180 cm) unterzubringen. Die Matten sind nun auch kein Edoma (80 cm x  160 cm), sondern ein Kompromiss. Sie wurden halt direkt für das Zimmer angefertigt.

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Ansonsten war ich noch in einer wunderbaren Ausstellung mit vielen ausgezeichneten Teezeremonie-Utensilien im Shoto-Museum, also ganz in der Nähe meiner Wohnung. Da sie viele der Ausstellungsstücke zur Halbzeit wechseln werden, werde ich wohl nochmals hingehen. Es ist definitiv ein Museum, das ich im Auge behalten muss (Bild: s.u.). Ach ja, die kleine Wassermühle befindet sich in einem kleinen Park ganz in der Nähe.

Hier in Japan steht nun eine Hauptreisezeit bevor. Am Freitag beginnt die sogenannte ‚Golden Week‘, also eine Aneinanderreihung von Feiertage, d. h. Freitag und dann Dienstag bis Donnerstag haben wir frei. Und so freue ich mich nun als nächstes auf den Besuch von Fernando und seinen Freunden.

Hanami

Über Ostern war meine Cousine mit ihrer Familie und einer Freundin zu Besuch. Obwohl wir hier über Ostern ja keine Feiertage hatte, war es sehr schön, sie hier zu haben. Am Sonntag wurden in meiner Wohnung Ostereier gesucht! Sie hatten Glück, denn am 21. März wurde offiziell der Beginn der Kirschblütenzeit in Tokyo eröffnet. Da der Frühling zwischendurch einige Verschnaufpausen einlegte, gab es in diesem Jahr eine sehr lange Hanami-Zeit. Hana (Blüte) mi (schauen/sehen) steht für das Feiern der Kirschblüten (Sakura), für die sich alle begeistern können. In Tokyo und Kyoto war es daher nicht nur wegen der Osterurlauber aus dem Ausland voll, sondern auch weil scheinbar alle Japaner in den Parks die Kirschblüten anschauen oder unter den Bäumen feiern wollen. Da wir im Büro ja Besuch von unserer Vizepräsidentin hatten, gab es viel zu tun und so hatte ich das Hanami nur am Rande miterleben können. Doch dann: letztes Wochenende in Osaka!

Eine befreundete Tee-Meisterin meiner Lehrerin in Deutschland hatte mich zur Teezeremonie-Sonderübung ins Kosaian (ein Teehaus) in Ikeda bei Osaka eingeladen. Also verbrachte ich ein Wochenende in Osaka. Am Freitag nach der Arbeit mit dem Shinkansen gen Westen – am Abend machte ich mich nur noch mit den Wegen vertraut, denn der Unterricht sollte ja Samstag um 10:00 Uhr anfangen. Ich musste noch knapp 30 Minuten mit der Bahn fahren und wollte auf keinen Fall zu spät kommen. Außerdem erinnerte ich mich, dass meine Teemeisterin mal sagte, dass man besser 30 Minuten früher da sein sollte, um bei den Vorbereitungen helfen zu können. Ich war sehr gespannt und überpünktlich und wurde herzlich begrüßt. Alle waren froh, dass ich einigermaßen Japanisch verstehen und sprechen kann. Außer der Tee-Meisterin und mir nahmen noch drei weitere Japanerinnen teil, alle drei selbst Teezeremonie-Lehrerinnen. Für mich war es das erste Mal, in einem traditionellen Teehaus zu üben. Viele Kleinigkeiten, die wir nur improvisieren konnten oder nur theoretisch gelernt hatten, waren nun möglich. Wir übten diverse Sonderformen. Da ich über ein halbes Jahr lang so gut wie keinen Unterricht gehabt hatte, hatte ich das Gefühl alles vergessen zu haben, aber alle waren sehr freundlich. Am Ende, d. h. am späten Nachmittag, war mein Kopf voll mit Details, die ich mir gerne merken würde. Nach dem Unterricht gingen wir noch ins benachbarte Museum und schauten uns die Sonderausstellung mit Teeschalen an, die der Begründer der Kaufhaus- und Eisenbahngesellschaft HANKYU gesammelt hatte.

Am Sonntag ging ich als erstes zur Sakura-dori (Sakura-Straße) an der Münzprägeanstalt in Osaka. Seit dem Freitag war sie eröffnet und zieht jedes Jahr Menschenmengen an. Zum Glück war ich früh, so dass ich Zeit hatte, die Blüten zu bewundern und mehr Fotos zu machen, als ich jemals gewollt hatte. Über Mittag schaute ich mir noch das Burggelände an – die Burg selber hatte ich vor Jahren schon einmal besucht und außerdem war es auch dort ziemlich voll. Am Nachmittag fand ich in der Nähe der  Filiale der japanischen Zentralbank zufällig das Museum für orientalische Keramiken. Was für eine Entdeckung! Die aktuelle Sonderausstellung ist auf Seladon-Keramiken spezialisiert, mit Ausstellungsstücken aus Korea, China und Japan. Unglaublich schöne Werke und auch ein tolles Museum. Da die Seladon-Glasuren am besten bei natürlichem Licht zur Geltung kommen (anschauen bei einem durch Shoji(Wandschirmpapier) gefiltertes Licht an einem klaren Wintermorgen um 10:00 Uhr oder so ähnlich lautet die Empfehlung), haben sie im Museum Lichtschächte bis hinein in einige Vitrinen gebaut – unglaublich!